Die Bevölkerung in der Ukraine leidet zunehmend unter den Folgen der angespannten Situation an der Grenze zu Russland: „Die Nachfrage nach psychologischer Hilfe und Erste-Hilfe-Kursen übersteigt unsere Kapazitäten. Wir leben schon seit 2014 mit dem Konflikt in unserem Land, aber in den letzten zwei Monaten hat sich die Situation deutlich verschärft“, berichtet Pavlo Titko, Leiter der Malteser Ukraine, die gemeinsam mit Malteser International, dem internationalen Hilfswerk des Malteserordens, seit 2015 psychosoziale Unterstützung für Vertriebene in den ukrainischen Grenzregionen Luhansk und Donezk leisten.
„Gerade bei Menschen, die unter den Folgen der Vertreibung aus ihrer Heimat leiden, brechen alte Traumata wieder auf. Viele Menschen fragen sich: Ab welcher Konfliktstufe sollte man fliehen, was sind die richtigen Kriterien für diese Entscheidung? Außerdem ist ein großes Thema in den Therapien und Gruppensitzungen immer wieder: Was machen wir mit den Kindern? Wie sagen wir ihnen, dass wir vielleicht unsere Heimat verlassen müssen? Wie sprechen wir mit ihnen über den Krieg?“, berichtet Titko.
Schwierige wirtschaftliche Lage und Covid-19
Darüber hinaus verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage in der Ukraine fast täglich, da die Lebenshaltungskosten immer weiter steigen. „Die Menschen wissen nicht, was sie erwartet: Wir beobachten eine zunehmende Angst vor der Zukunft und Depressionen bei vielen der von uns betreuten Menschen. Nach sieben Jahren der Angst entwickeln die Menschen pathologische Angstzustände“, sagt Titko.
Obwohl die Angst vor dem Krieg die akute Sorge um Covid-19 verdrängt, ist die Zahl der Infektionen in der Ukraine immer noch hoch.
Im vergangenen Jahr hat Malteser International 6.491 Vertriebene in Einzel- oder Gruppensitzungen betreut, 235 Menschen mit psychiatrischer Telemedizin versorgt und 4.907 Menschen in der Ukraine durch Psychoedukation unterstützt.