Tausende Häuer waren verbrannt, Kirchen und öffentliche Gebäude lagen in Schutt und Asche – im August 2014 hatte der Islamische Staat (IS) die Stadt Karakosch in der Ninewa-Ebene im Nordirak besetzt. Nach zwei Jahren Schreckensherrschaft der Terroristen war die größte christliche Stadt des Landes stark gezeichnet. „Wir wussten nur, dass wir uns vor dem anrückenden Terroristen in Sicherheit bringen mussten“, berichtet die 46-jährige Hana Touma, die wie viele andere aus der Stadt in einem Camp für Vertriebene, nahe der Stadt Erbil, Schutz suchte.
Nachdem der IS im Jahr 2017 im Irak besiegt war, kehrten viele der damals Vertriebenen in ihre alte Heimat zurück. Auch Hana Touma zog 2018 gemeinsam mit ihrem Mann zurück nach Karakosch. Doch viele – insbesondere Christen – leben nach wie vor im Exil. Sie sehen keine wirtschaftliche Perspektive für eine Rückkehr oder fürchten noch immer um ihre Sicherheit.
Malteser International, das internationale humanitäre Hilfswerk des Souveränen Malteserordens, unterstützt die Menschen in der Ninewa-Ebene seit dem Jahr 2018 mit einem umfangreichen Rückkehrprogramm. Anfang März besuchte eine Delegation der deutschen Assoziation des Malteserordens und von Malteser International zeitgleich zur Visite des Papstes die Region, um sich ein Bild der Projektaktivitäten der vergangenen drei Jahre zu machen.
„Die verkohlten Häuser und beschädigten Kirchen, die wir hier gesehen haben, sind Zeugnisse der Grausamkeiten, die gegen Christen und andere religiöse Minderheiten begangen wurden“, berichtet Clemens Graf von Mirbach-Harff, Generalsekretär von Malteser International, der gemeinsam mit Erich Prinz von Lobkowicz, Präsident der deutschen Assoziation des Malteserordens und Georg Graf von Khevenhüller, Präsident des Malteser Hilfsdienst Deutschland, nach Karakosch reiste.
„Ziel unserer Arbeit in der Ninewa-Ebene war es, einen Beitrag für mehr Stabilität in der Region zu leisten und den Menschen, die 2014 vom IS vertrieben wurden, eine Chance zu geben sich wieder in ihrer alten Heimat anzusiedeln. Dafür haben wir mit vielen lokalen Partnerorganisationen die notwendige Infrastruktur geschaffen“, so Mirbach-Harff. Malteser International kümmerte sich um die Unterbringung der Menschen, während ihre Häuser wiederaufgebaut wurden, und half mit Bargeldverteilungen sowie einkommensschaffenden Maßnahmen, an denen mehr als 35.000 Menschen teilnahmen, dabei, den Lebensunterhalt der Familien zu sichern. Eine Bildungskomponente des Programms beinhaltete den Wiederaufbau von Schulen und ein Training von Lehrkräften in der Traumabewältigung für Kinder.
Seit 2018 hat Malteser International gemeinsam mit den Partnerorganisation vor Ort mehr als 2.000 Häuser wiederaufgebaut sowie Schulen und Kindergärten neu errichtet. „Die Familien kommen zurück und wissen, dass ihre Kinder wieder zur Schule gehen können. All das ist aber wenig wert, wenn es keinen Frieden gibt. Daher ist uns die Förderung des friedlichen Zusammenlebens verschiedener religiöser und ethnischer Gruppen besonders wichtig gewesen. Denn nur eine friedliche Gemeinschaft ermöglicht es den Menschen, dauerhaft zusammenzuleben“, so von Mirbach-Harff. Rund 50.000 Personen haben seitdem an den verschiedenen kulturellen und friedensstiften Aktivitäten des Rückkehrprogramms teilgenommen.
Unterstützt wurde das Rückkehrprogramm in der Ninewa-Ebene vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). „Die Arbeit von Malteser International und seinen Partnerorganisationen hat das Leben der Gemeinde grundlegend verbessert. Die Menschen sind dankbar für die Unterstützung, die sie erhalten haben, und wir freuen uns, dass wir mit dem Programm in der Lage waren, ihnen helfen zu können“, berichtet Erich Prinz von Lobkowicz.
Anfang März besuchte mit Papst Franziskus zum ersten Mal ein Oberhaupt der katholischen Kirche den Irak und die von der Gewalt der IS-Jahre gezeichnete Stadt Karakosch. „Die historische Reise des Papstes war ein wichtiges Zeichen zur Förderung von Frieden in einer Region, die seit Jahren von Konflikten geprägt ist. Der Besuch gibt den Menschen Hoffnung und das Gefühl, gesehen zu werden“, sagt von Mirbach-Harff.
Bevor der IS die Stadt Karakosch einnahm, lebten hier rund 50.000 Menschen, vorrangig Christen. Nur die Hälfte der Bevölkerung ist bislang zurückkehrt. Hana Touma, deren Mann kurz nach ihrer Rückkehr nach Karakosch starb, lebt heute mit ihrem Bruder in einem der Häuser, die von Malteser International wieder aufgebaut wurden. „Die Rente, die ich noch von meinem Mann erhalte, ist kaum genug, um zu leben. Aber wir haben dennoch das Gefühl, dass die Situation langsam wieder besser wird.“
Mehr Informationen zum Rückkehrprogramm in der Ninewa-Ebene finden Sie hier: https://www.malteser-international.org/de/hilfe-weltweit/naher-osten/irak.html