Am 11. Januar fand in der Villa Malta in Rom der traditionelle Empfang der Botschafter der 93 Staaten statt, zu denen der Orden diplomatische Beziehungen unterhält. Der Empfang gab Gelegenheit in Anwesenheit des Großmeisters Fra’ Andrew Bertie einen Überblick über die hauptsächlichen humanitären Aktivitäten des Malteserordens im soeben abgelaufenen Jahr zu geben.
Es folgt die Ansprache des Großmeisters
Herr Botschafter, lassen Sie mich sagen, wie sehr ich die Glückwünsche zu schätzen weiß, die Sie mir namens des beim Orden akkreditierten diplomatischen Korps zu Jahresbeginn überbracht haben. Mit aufrichtiger Herzlichkeit richte ich jetzt an Sie, an Ihre Angehörigen und an die Staaten, die Sie vertreten, meine Glückwünsche.
Ich danke Ihnen für Ihre hochmögende Gesinnung und die Worte der Wertschätzung, die Sie gefunden haben.
Die schreckliche Katastrophe, die über die Länder Indien, Indonesien, Sri Lanka und Thailand hereingebrochen ist, hat zu Jahresbeginn all unser Denken zutiefst bestimmt. Diese Katastrophe, die ein wie ich sagen möchte universales Ausmaß angenommen hat, hat einige sowieso schon hart geprüfte Völker vor zusätzliche Schwierigkeiten gestellt und sie der Gefahr von Epidemien ausgesetzt. Neben der internationalen Gemeinschaft und zahlreichen humanitären Organisationen hat sich der Malteserorden mit seinen Hilfsdiensten sofort an den umfangreichen Hilfsaktionen beteiligt und in Indien und Thailand Lebensmittel, Kleidung und Medikamente verteilt und den Opfern ärztliche Hilfe geleistet. Gleichzeitig hat der Orden eine Bestandsaufnahme des Hilfsbedarfs in Sri Lanka und Indonesien sowie in Kenia und an der afrikanischen Ostküste vorgenommen.
Wir sind den Menschen in diesen Ländern in Zuneigung und im Gebet nahe und damit wende ich mich ganz besonders an Seine Excellenz den Botschafter von Thailand. Unsere Gedanken gelten vor allem den Verletzten und Obdachlosen. Die zahllosen Menschen, die ihr Leben verloren haben, empfehlen wir der göttlichen Barmherzigkeit.
Aber auch noch andere Sorgen bewegen uns, Sorgen, die sich aus den Ereignissen ergeben, die die internationale Szene im zu Ende gegangenem Jahr erschüttert haben. In der Tat, auch wenn sich in Afghanistan nach der Wahl von Präsident Karzai die Lage scheinbar zum Besseren gewendet haben mag, so klingt doch im Irak der Terror nicht ab und viele irakische Zivilisten und Militärs haben ihr Leben ebenso verloren wie zahlreiche Soldaten der verbündeten Streitkräfte. Hoffentlich gelingt es dem neuen Präsidenten, der demnächst gewählt werden wird, in diesem Land die Eintracht wieder herzustellen. Für den Nahen Osten, wobei unsere Gedanken insbesondere dem Hl. Land gelten, wünschen wir uns innig, dass die Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinenser im Jahr 2005 einen Fortschritt in Richtung auf einen wirklichen Befriedungsprozess bringen.
In Europa haben die Regierungen im vergangenen Herbst, wie Sie wissen, einen Verfassungsvertrag unterzeichnet, der den Mitgliedsländern einen gemeinsamen Weg vorzeichnet und eine Reihe von bedeutsamen Rechten und Pflichten enthält. Diese Vereinbarung ist ein eminent wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden. Leider war es, trotz der Bemühungen einiger Länder, nicht möglich, in die Präambel des Vertrages den Bezug auf die christlichen Wurzeln Europas einzubringen. Diese Unterlassung hat uns zutiefst betrübt.
Im internationalen Umfeld, in dem die Schattenseiten ganz offensichtlich überwiegen, hat unser Orden, seinem Leitwort obsequium pauperum und tuitio fidei getreu, in verschieden Teilen der Welt sein Engagement im medizinischen und humanitären Bereich ausgeweitet. Dieses Engagement, das unter der umsichtigen Leitung unserer Priorate und nationalen Assoziationen steht und durch unsere diplomatischen Vertretungen unterstütz wird, erfüllt unsere Ordensritter und Damen mit Stolz.
Im Jahr 2004 haben wir im Sudan, in der nördlichen Region von Darfour, eine Schutzimpfkampagne gegen Kinderlähmung durchgeführt. Wir haben in Zusammenarbeit mit Rettungsdiensten und Mütterhilfswerken Medikamente und Gebrauchsgüter an über 45.000 Menschen verteilt. In der Demokratischen Republik des Kongo hat der Orden mit einem spezialisierten Ärzteteam die örtlichen medizinischen Einrichtungen von Bukavu und von weiteren 29 medizinischen Zentren unterstützt, mit dem Schwerpunkt auf medizinischer und psychologischer Betreuung der Opfer von sexueller Gewalt. Im Süden des Iran hat das internationale Hilfskorps des Malteserordens, nach dem verheerenden Erdbeben von Bam, ein Projekt zum Wiederaufbau der Stadt eingeleitet und medizinische Einrichtungen und Schulen errichtet. In Kenia hat sich der Orden auf die Behandlung der Tuberkulose sowie auf die AIDS-Vorsorge konzentriert und dazu das Krankenhaus der Hl. Maria in Nairobi mit den notwendigen medizinischen Geräten ausgestattet. Im Krankenhaus der Hl. Familie zu Bethlehem, in das Frauen jeder religiösen Konfession aufgenommen werden, hat im vergangenen Jahr das 30.000ste Kind das Licht der Welt erblickt. Dazu werden selbstverständlich auch die verschiedenen Gesundheitsprogramme, die schon seit Jahren in vielen Ländern der fünf Kontinente laufen, mit gleicher Intensität weitergeführt.
Tief betroffen von dieser individuellen Opferbereitschaft, die in unsere humanitären Aktionen eingebracht wird, möchte ich bewegt und dankbar der beiden jungen freiwilligen Helfer des Internationalen Hilfskorps des Malteserordens gedenken, die Opfer des bewaffneten Konflikts in Afghanistan geworden sind.
Mein herzlichter Dank gilt auch unseren Ordensrittern, unseren Damen und freiwilligen Helfern, die ihren humanitären Dienst in rühmenswertem Geist verrichtet haben, oft auch unter Missachtung persönlicher Gefahr.
Natürlich hat es auch im vergangenen Jahr nicht an Begegnungen auf höchster politischer Ebene gefehlt. Diese Verbindungen und Begegnungen sind der wertvollen Zusammenarbeit mit den beim Orden akkreditierten diplomatischen Vertretern zu danken, denen dafür mein tief empfundener Dank gilt, in den ich zugleich auch unseren diplomatischen Auslandsdienst mit einschließen möchte. Die privilegierte und vor allem spirituelle Beziehung, die wir zum Hl. Stuhl unterhalten, wurde traditionell durch die Audienz bei Seiner Heiligkeit Papst Johannes Paul II am 22. Juni, anlässlich des Festes des Hl. Johann Baptist, hervorgehoben. Bei dieser Gelegenheit hat der Hl. Vater ermutigend die beispielhafte Tätigkeit des Ordens in der Welt betont.
Die enge Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat des Hl. Stuhls ist für die Ordenskanzlei eine Ehre. Jüngstes Beispiel für diese enge Beziehung war der Besuch S.E. des Kardinalstaatssekretärs Angelo Sodano im Magistralpalast, begleitet vom stellvertretenden Staatssekretär, Monsignore Leonardo Sandri, und dem Sekretär für Auswärtige Beziehungen, Monsignore Giovanni Lajolo.
Im Verlauf des gesamten Jahres 2004 haben zahlreiche Begegnungen mit hohen Persönlichkeiten stattgefunden. Erwähnt sei der Besuch des Präsidenten der slowakischen Republik, S. Exz. Rudolf Schuster, der Besuch des Präsidenten von Malta, S. Exz. Guido de Marco, und des neuen Präsidenten, S. Exz Edward Fenech Adami, der Besuch des Außenministers von Kroatien, Dr. Miomir Zuzul, der Besuch des Präsidenten von Rumänien, S. Exz. Ion Iliescu, der Besuch des Präsidenten von Paraguay, S. Exz. Nicanor Duarte Frutos, der Besuch I.K.H. der Prinzessin Chakri von Thailand sowie mein offizieller Besuch in Ungarn, wo ich warmherzig vom Präsidenten, S. Exz. Ferenc Madl, empfangen worden bin.
Im vergangenen Jahr ist der Malteserorden als ständiger Beobachter bei der Lateinische Union zugelassen worden. Mit der spanischen Agentur für internationale Zusammenarbeit wurde der im Rahmenabkommen von 2000 vorgesehene operative Plan unterzeichnet.
Was das Innenleben des Ordens betrifft, so darf ich insbesondere den großen Erfolg des internationalen Seminars über Spiritualität und Strategie in Malta im Jahr 2004 erwähnen, bei dem die verschiedenen Sektoren der Ordensaktivitäten überprüft wurden.
Die Beziehungen zur Italienischen Republik waren im nunmehr abgelaufenen Jahr gekennzeichnet durch eine enge und stetig wachsende Zusammenarbeit. Das Gesundheitsabkommen, das im August 2003 in Gesetzeskraft erwachsen ist, ist nunmehr mit voller Unterstützung des italienischen Außenministeriums und des Gesundheitsministeriums sowie der regionalen Verwaltungsstrukturen in seine Ausführungsphase getreten. Die Tragweite dieses Abkommens ist beachtlich, da es den Gesundheitseinrichtungen der Assoziation der italienischen Ritter des Souveränen Malteserordens den gleichen Status einräumt wie den staatlichen italienischen Gesundheitseinrichtungen. In diesem Zusammenhang sind die verantwortlichen Leiter des Krankenhauses San Giovanni Battista della Magliana in Rom besonders hervorzuheben, die mit großem Einsatz die Erneuerung dieses Hauses vorangetrieben haben, das 200 Kranke aufnehmen kann.
Neben den Aktivitäten im Gesundheitswesen hat die Assoziation der italienischen Ritter unter Mitwirkung des italienischen Hilfsdienstes des Malteserordens entscheidende Impulse im Bereich des Zivilschutzes gegeben, die mit großer Dankbarkeit von der italienischen Zivilschutzbehörde angenommen worden sind. Im Oktober haben wir außerdem mit Italien ein Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern unterzeichnet.
Am 3. November des vergangenen Jahres wurde ein Postabkommen mit Italien unterzeichnet. Es bestehen bereits Postabkommen mit 50 Staaten und das Abkommen mit der Italienischen Republik ist eine neue Etappe in diesem Tätigkeitsbereich des Ordens.
Zum Abschluss sei noch erwähnt, dass wir im Rahmen der Beziehungen zu Italien im Jahr 2004 mit großer Freude im Magistralpalast den Bürgermeister von Rom, Herrn Walter Veltroni, den Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Herrn Pier Ferdinando Casini sowie den Außenminister, Herrn Franco Frattini, empfangen haben.
Herr Doyen, Exzellenzen, meine Damen, meine Herren,
indem ich Ihnen allen, Ihren Familien und den Ländern, die Sie so würdig vertreten, nochmals Wohlstand und ein glückliches Gedeihen wünsche, will ich in voller spiritueller Übereinstimmung mit den Worten schließen, die Johannes Paul II in seinem Appell zum Friedenstag 2005 gesprochen hat. Möge uns die Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit nie verlassen in der Gewissheit… dass das Böse niemals obsiegen wird und dass einzig die Liebe zu persönlicher und sozialer Vollendung zu führen vermag.